Zu Beginn dieser Bildmeditation möchte ich sie einladen, einmal zurück zu lehnen und das Bild in aller Ruhe zu betrachten. (Nehmen sie sich hierfür gerne ein paar Minuten Zeit.)
Was fällt ihnen auf?
Was bewegt mich?
Was gefällt mir?
Worin erkenne ich mich wieder?
Sie sehen vor sich eine alte koptische Ikone aus dem 6. Jahrhundert, deren Original im Pariser Louvre ausgestellt ist. Darauf kommen uns zwei Männer entgegen: einer mit dunkler, einer mit heller Kleidung. Hinter ihren Köpfen strahlen Heiligenscheine. Einer ist mit einem Kreuz hinterlegt. In ihm können wir Christus den Auferstandenen erkennen.
Er ist der Träger der Botschaft Gottes, die er in Form eines Buches in der Hand hält. Die andere Hand ruht auf dem Mann neben ihm. Freundschaftlich legt er ihm den Arm über die Schulter. Die Schriftzeichen daneben bezeichnen ihn als Menas, einen Heiligen dieser altorientalischen Kirche der Kopten. Seine linke Hand hält so etwas wie eine kleine Schriftrolle fest. Es könnte eine Seite der heiligen Schrift sein; ein Ausdruck dafür, dass hier jemand schon etwas von dieser Botschaft Gottes, die Christus bringt, angenommen hat. Die rechte Hand ist wie zum Segen erhoben. Dieser Mensch scheint noch unsicher zu sein und wie ein Neuling in dieser Aufgabe. Doch der Rückhalt, den ihm Christus gibt, macht ihn mutig, mit ihm an der Seite den neuen Weg zu gehen. Es mag verwundern, dass Christus hier nicht wie gewohnt in hellen leuchtenden Farben dargestellt wird, wie wir es von anderen Darstellungen kennen. So kann jedoch deutlich werden, dass sich Christus als der Wegbegleiter im Hintergrund hält und wie unerkannt und unbemerkt an seiner Seite geht.
Die Ikone ist neu bekannt geworden durch die ökumenische Gemeinschaft von Taizé. Frére Roger, ihr Gründer, hat sie sehr geliebt. Bis heute gehört ein stark vergrößerter Abdruck davon zur Ausstattung der dortigen Versöhnungskirche. Von hier aus wurde sie auch bekannt als Freundschaftsikone. Sie sagt uns: Du bist der Freund, die Freundin, auf dessen oder deren Schulter Christus freundschaftlich seinen Arm legt. Er geht auch an deiner Seite unerkannt und ohne dass Du es merkst. Er begleitet dich und macht dir Mut, deinen Weg fortzusetzen. Er beteiligt auch dich an seinem Auftrag, das Wort Gottes anzunehmen und weiterzugeben, auch wenn es vielleicht nur wenig ist, was du davon verstanden hast. Er lässt auch dich zum Segen werden für andere. In den Osterevangelien von Matthäus lesen wir bei der letzten Erscheinung des Auferstandenen die Worte: „Seid gewiss: ich bin mit euch alle Tage bis ans Ende der Welt“. Leben wir aus dieser Zuversicht!
Immer wenn uns Sorgen oder Ängste plagen, wünsche ich uns, dass wir dieses Bild vor Augen haben. Es ist Jesus Christus, der uns den Rücken stärkt. Seine Freundschaft, sein Vertrauen, sein Blick geht in dieselbe Richtung, wie der unsere. Er steht an unserer Seite. Das Bild symbolisiert für mich Freiheit und Nähe, Treue und Respekt. Ich wünsche ihnen in diesen geprägten Tagen der Karwoche diese innige Freundschaftsbeziehung zu Christus, die unser Urvertrauen speist und alles überdauert. Amen.
Im Namen des Seelsorge-Teams,
Fabian Frey