‚Brücken bauen und begehen‘
So lautet das derzeitige Thema im Pastoralraum. Wie alles andere ist auch die Planung und Umsetzung des Themas wegen der Pandemie ins Stocken geraten.
Brücken
Wo Gräben, Schluchten oder Flüsse sind, werden Brücken gebaut, um auf direktestem Weg auf die andere Seite zu gelangen.
Das war aber nicht immer so. Wenn ich in der Einheitsbibel (das ist jene Bibelübersetzung, die in der Liturgie verwendet wird) auf CD-Rom das Stichwort Brücke oder Steg eingebe, erhalte ich keinen Treffer. Zweimal erhalte ich einen Treffer beim Stichwort ‚Furt‘: beim Bericht von Jakobs Kampf mit Gott an der Furt des Flusses Jabbok (Gen 32,23) oder der Bericht, wo die Benjamiter über die Furt des Jordans König David entgegen eilten, um ihn sicher über den Fluss zu bringen (2 Sam 19,17).
Als Furt bezeichnet wird eine niedrige Wasserstelle in einem Fluss, wo dieser zu Fuss, mit dem Pferd oder auch einem Karren durchquert werden kann. So kann es also sein, dass man zuerst eine solche Furt suchen musste, um auf die andere Seite zu gelangen.
Funde belegen jedoch, dass es schon in frühgeschichtlicher Zeit ‚Brücken‘ gab: grosse Steine oder Baumstämme wurden so in ein Gewässer gelegt, dass man darüber steigen konnte. Auch Reste alter Holzbrücken wurden gefunden. Steinbrücken blieben erhalten und geben Zeugnis über die frühe Baukunst von Brücken.
Auch heutige Brücken faszinieren durch ihre Architektur.
Brücken von Mensch zu Mensch
Es gibt aber nicht nur Brücken über topographische Gräben und Schluchten. Wir sind eingeladen, Brücken von Mensch zu Mensch zu bauen.
Jesus ist die Urbrücke. Er wurde in die Welt gesandt, um Gottes Liebe zu uns Menschen zu bringen. Das dürfen wir erfahren, wenn wir in der Heiligen Schrift die vielen Berichte lesen, wo Jesus Menschen heilt, Mut machende und Trost gebende Worte schenkt.
Brücken zueinander bauen können wir:
Brücken bauen heisst einander Nähe schenken
Vielleicht haben Sie bei den obigen Vorschlägen gedacht: das geht jetzt doch gar nicht, wenn wir möglichst zu Hause bleiben sollen. Da haben Sie natürlich recht. Und doch ist es möglich, trotz Distanz halten einander Nähe zu schenken.
Mit Nähe ist ja nicht nur eine in Metern gemessene Einheit zu verstehen. Sondern es gibt auch die innere Nähe. Es ist nicht verboten, miteinander einen kurzen Schwatz zu halten von Balkon zu Balkon oder über den Gartenzaun hinweg oder auch beim Spaziergang, wenn wir den Sicherheitsabstand von zwei Metern einhalten. Viele Menschen erzählen mir, sie würden mehr telefonieren oder Anrufe erhalten, Mails oder WhatsApp’s schreiben und so weiter. Warum nicht einmal wieder einen Brief oder eine Karte schreiben? Viele Menschen werden so richtig kreativ, um anderen trotz Distanz Nähe zu schenken.
Eine besondere Brücke zeigt uns ein chinesisches Sprichwort: ‚Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln‘. Ja, ein Lächeln, das mir von Herzen geschenkt wird, tut meiner Seele gut. Es freut mich und stellt mich auf. Gerne gebe ich dieses Lächeln zurück. Und es gibt Menschen, die immer von innen her lachen und strahlen. Tun sie nicht gerade in schwierigen Zeiten gut?
Die Liebe als Brücke zwischen den Menschen
In 1 Kor 13,13 lesen wir, dass die Liebe das Grösste unter den Menschen ist: ‚Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe‘ – so schreibt es Paulus.
Und schon vorher hat Jesus in seiner Abschiedsrede aufgerufen: ‚Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.
Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger und Jüngerinnen seid: wenn ihr einander liebt‘ (joh 13,34f) und weiter ‚Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt‘ (Joh 15,12f).
In seiner Liebe zu den Menschen ist Jesus seinen Weg konsequent gegangen, auch als es ihn das Leben kosten sollte.
Gestern am Karfreitag haben wir an Leiden und Sterben von Jesus gedacht. Heute am Karsamstag ist der Tag der Grabesruhe. Doch schon heute in der Nacht feiern wir das Licht seiner Auferstehung.
Damit hat uns Jesus eine ganz neue Brücke geöffnet: die Brücke zwischen Himmel und Erde.
Ich wünsche Ihnen viele Herzensbrücken und viel Nähe von und zu Mitmenschen, trotz Distanz.
In Erwartung der Auferstehung Jesu und des Osterfestes:
In Verbundenheit: Beatrice Emmenegger