Einer der grössten Schätze, die wir in der Kirche haben, ist der der Mystik. Sie ist ein spiritueller Zugang zum Glauben. Durch das eigene Zurücktreten und In-Sich-Gehen entsteht im Innern ein Begegnungsgeschehen, welches eine eigene persönliche Gottesbeziehung befruchten kann. In der Christlichen Mystik haben wir viele Vorbilder wie Meister Eckhart, Bruder Klaus oder Theresa von Avila. «Gott ist mir näher, als ich mir selber bin. Mein Dasein hängt daran, dass Gott mir nahe und gegenwärtig ist.» Weiter schreibt Meister Eckhart mit einem Schmunzeln: «Gott, ist immer in uns. Nur wir sind so selten zuhause.»
Zu Zeiten der Corona Krise, wenn uns der gemeinsame Kirchgang untersagt ist, gewinnt das persönliche Gebet noch mehr an Bedeutung. Es ist ein christlicher Glaubenskern, dass Gott im tiefsten Innern bei uns ist. Symbolisiert wird der Start dieser persönlichen Gottesbeziehung in der Taufe. Als getaufte Christen leben wir im Vertrauen, dass Gott uns individuell beim Namen kennt und einen jeden von uns anspricht.
Um diese Stimme Gottes in unserem Leben wahrzunehmen benötigt es für einen kurzen Moment ein Zurückstellen unserer alltäglichen Betriebsamkeit. Die Ruhe hat eine Kraft. Wenn es uns gelingt unsere vielen Gedanken einmal hinter uns zu lassen, wenn wir nur unserem Atem nachspüren, kann es uns vielleicht gelingen zu entspannen. Einfach einmal am Tag nichts tun, an nichts denken und einfach nur da sein. Entweder können wir dies mit geschlossenen Augen tun oder wir können auch vor uns eine Kerze entzünden. Nehmen wir bequem Platz. In dieser Meditation braucht es nicht viel, einfach nur einen Moment der Ruhe.
Beten wir nun einen Moment in Stille. (ein paar Minuten schweigen)
STILLE
GEBET
«Mein Herr und mein Gott,
nimm alles von mir,
was mich hindert zu dir.
Mein Herr und mein Gott,
gib alles mir,
was mich führet zu dir.
Nimm mich ganz mir
und gib mich ganz zu eigen dir.»
(Bruder Klaus)
GEDANKEN
Meister Eckhart schreibt, wäre das Wort «Danke» das einzige Gebet, das du je sprichst, so würde es genügen.»
Auf den ersten Blick erscheint es wie ein Gegensatz zu Paulus seinem Anliegen: «Betet ohne Unterlass». Er fordert uns dazu auf, ständig im Gebet zu sein. Dies sei wichtig für die Welt, besonders heute. Aber Paulus und die Mystik gehören zusammen. Das was beide verbindet, kann das wiederholende gesprochene Wort sein. Bereits die Wüstenväter fanden diese Form des Gebets für sich passend. Während teils monotoner Tätigkeiten wie Körbe flechten oder Matten weben übten sie sich im Geist mit der Wiederholung eines Wortes oder eines kurzen Satzes.
Die Formeln, welche die Wüstenväter in Ägypten wiederholten, waren häufig einzelne Verse aus den Psalmen oder einzelne Verse aus den Evangelien. Ab dem 5. Jahrhundert entwickelte sich dann hieraus das Jesus-zentrierte Gebet.
«Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner.» Dieser einfache Satz wird unablässig wiederholt.
Man kann diesen Satz in dafür festgelegten Zeiten für 10 Minuten wiederholen, ein- oder mehrere Male pro Tag, oder man kann ihn immer wiederholen, wenn der Geist dafür frei ist – bei manuellen Tätigkeiten, beim Warten auf den Bus, nachts, wenn man nicht schlafen kann … Schon der Heilige Theophan im Byzanz des 8. Jahrhunderts beschrieb die Wirkung des Gebets: Es macht sich selbständig und durchdringt nach und nach jeden Teil des Alltagslebens, wodurch es möglich wird, dass jede Tätigkeit und jede Begegnung vom Geist erfüllt ist. Indem es auf diese Weise selbsttätig wird, dringt das Jesusgebet allmählich vom Bewusstsein ins Unterbewusste vor. Selbst, wenn wir das Gebet nicht sprechen, ist der Inhalt in einer tieferen Schicht unseres Wesens präsent.
HERZENSGEBET
«Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner.»
VATER UNSER
SEGEN
Der Segen Gottes
komme über Dich,
ruhe auf Dir
und begleite Dich.
Er stärke Deine Sinne,
Deinen Leib
und Deine Seele
und bleibe bei Dir
Dein Leben lang.
Er erfülle Dich
mit seinem Geist,
mache hell Deine Wege
und gebe Dir täglich
ein gutes Wort.
Er schenke Dir allzeit,
bei Tag und in der Nacht,
Frieden und Heil
Und ein schützendes Dach!
So segne uns, der Vater, Sohn und Heilige Geist.
Amen.
In Verbundenheit
Fabian Frey