Seit gestern dürfen die Restaurants wieder geöffnet haben. Am Radio wurden die Hörerinnen und Hörer aufgefordert zu erzählen, was es ihnen bedeutet, wieder ins Restaurant zu gehen. Es gab einige kritische Stimmen, welche die Öffnung als zu früh finden. Die meisten erzählten jedoch, sie freuen sich darauf, wieder ins Restaurant zu gehen: um nach Feierabend noch ein Bier zu trinken, den Freundes- oder Bekanntenkreis zu treffen oder sich mit einem feinen Essen verwöhnen zu lassen.
Dies gab mir den Anstoss für den heutigen Impuls.
Essen gehört zum Leben
Der Mensch braucht regelmässig Nahrung, um zu überleben. Für viele Menschen in der Welt ist die Suche nach Nahrung ein täglicher Überlebenskampf.
Uns geht es den meisten gut: wir dürfen jeden Tag an einen reichlich gedeckten Tisch sitzen. Schlimmer noch: wir müssen immer wieder hören, wie viele Lebensmittel im Abfall landen. Wir haben übermässig viel.
In der Bibel gibt es verschiedene Berichte, in denen es ums Essen geht.
Zum Beispiel im Alten Testament:
In der Bibel zeigt sich uns, wie wichtig damals die Gastfreundschaft war, auch fremden gegenüber, obwohl dies auch gefahren barg. Denn beim gemeinsamen essen wurden auch Informationen ausgetauscht. So erfuhr man, was in der Welt vor sich ging. Obwohl mit ‚Welt‘ damals ein kleineres Gebiet gemeint ist als heute.
In den Evangelien erfahren wir, wie Jesus immer wieder zum Essen eingeladen wurde. Da wurde auch geredet über Gott und die Welt, über das Gesetz und seine richtige Auslegung:
Essen – nicht nur Nahrungsaufnahme
Menschen essen gemeinsam und sprechen miteinander. So werden sie doppelt gestärkt: durch die Nahrung und den Austausch mit den anderen. Das zeigen uns die Berichte besonders gut, wo Jesus mit anderen zusammen isst.
Dass essen und miteinander reden zusammen gehören und darum eine Quelle der Stärkung der Gemeinschaft ist, zeigt uns besonders der Bericht der wundersamen Brotvermehrung. Aber auch später, als zwei Jünger nach Jesu Tod auf dem Weg nach Emmaus sind, erkennen sie beim Brotbrechen, dass Jesus mit ihnen ist und bekommen neuen Lebensmut.
Essen – erleben von Gemeinschaft auch in unserem Alltag
Wir leben in einer hektischen Welt. Viele Berufstätige essen schnell etwas nebenbei. Viele Familien gibt es, wo sich oft nicht mehr alle zum gemeinsamen Essen am Tisch versammeln. Vielen ist eine bewusste Essenskultur fremd geworden. Weil wir verlernt haben, Zeit miteinander zu verbringen? Verlernt, miteinander zu reden?
Das Coronavirus hat uns nun ausgebremst. Viele Familien, die für eine Weile alle zu Hause arbeiten und lernen und darum auch (wieder) miteinander essen mussten oder durften. Dieses ungewohnte dauernde enge Zusammensein kann bei manchen Stress ausgelöst haben. Andere haben vielleicht wieder neu entdeckt, wie bereichernd das gemeinsame Essen und Sprechen miteinander sein kann.
Was löst dieses Bild eines festlich gedeckten Tisches bei Ihnen aus?
Erinnern Sie sich an das letzte festliche Essen in der Familie, im Verwandten-, Freundes- oder Bekanntenkreis?
Was/Wer wurde gefeiert?
Manche haben vielleicht wieder neu entdeckt, wie bereichernd das gemeinsame Essen und Reden miteinander sein kann.
In dem Sinne kann die Coronazeit Anlass sein zu überdenken, wie wir fortan unsere Esskultur pflegen werden:
So kann jede gemeinsame Mahlzeit zu einem kleinen Fest werden. Das ist Erholung vom Alltag, tut uns gut und gibt uns Antrieb.
Es ist mir jedoch bewusst, dass dies je nach Situation auch schwierig sein kann, täglich umzusetzen, gerade wenn Personen auswärts arbeiten oder unregelmässige Dienste haben. Wenn dann das gesellschaftliche Leben wieder regelmässiger läuft, gehen die einen Familienmitglieder bereits wieder in das Training oder eine Musikprobe, wenn die anderen erst von der Arbeit nach Hause kommen.
Miteinander essen – Gemeinschaft erfahren
Auch wenn uns das Virus weiterhin zur Vorsicht mahnt: nützen wir jede mögliche Gelegenheit, um Gemeinschaft zu pflegen, auch beim Essen. Seien wir füreinander da: mit offenen Ohren, einem grossen Herzen, wachen Augen und gebenden Händen. Nehmen wir uns Zeit füreinander. Geniessen wir es, wenn wir miteinander ein Kaffee, ein Bier oder ein Glas Wein trinken und gemeinsam essen können. Denn dabei ist nicht das Getränk oder das Essen im Zentrum, sondern dass wir beieinander sind.
Vielleicht kennen wir Menschen, die oft alleine sind? Sprechen wir sie an, nehmen wir sie mit oder laden sie ein. Sind wir selber alleine? Lassen wir uns ansprechen und nehmen wir Einladungen an. Dann bleiben wir nicht alleine.
Gemeinschaft mit und durch Jesus
Die Menschen, welche Jesus damals begegnet waren, wurden durch ihn gestärkt – durch seine Worte, sein Handeln, dass er sich ihnen annahm, im gemeinsamen speisen.
Auf eine Gemeinschaft müssen wir seit Beginn des Lockdowns verzichten: auf jene mit Jesus Christus im Heiligen Mahl – wir halten zur Zeit eucharistisches Fasten.
Wir hoffen jedoch, dass wir bald wieder öffentliche Gottesdienste und somit auch Eucharistie- und Kommunionfeiern halten dürfen.
Nutzen wir dieses Fasten bis dann dafür uns bewusst zu werden, was uns die Begegnung mit Jesus Christus im heiligen Mahl bedeutet. Im Heiligen Brot schenkt uns Jesus Gemeinschaft mit ihm und untereinander. Was bedeutet uns die Gemeinschaft mit Jesus Christus und was die Gemeinschaft miteinander als Christinnen und Christen?
In der Hoffnung, dass wir einander bald wieder beim gemeinsamen Feiern der Gottesdienste begegnen dürfen und dann in und durch Jesus Christus Gemeinschaft erleben dürfen.
Wie wichtig das ist und wie gut das tut, zeigen uns Erfahrungen mit anderen am Tisch zu sitzen. Und wenn uns beides nun fehlt, ist es Ausdruck davon, wie wichtig es für uns ist und wir uns darauf freuen.
Darum hoffentlich auf bald und bleiben Sie gesund!
In Verbundenheit: Beatrice Emmenegger